EM 2020

Mit einem Jahr Verspätung hieß es 2021 wieder: Fußball Europameisterschaft. Und diese war nicht nur durch die Verschiebung besonders.

Ein ganz besonderes Turnier

Erstmals fand die EM in mehreren Ländern über ganz Europa statt. Eröffnet wurde in Rom, wo Italien die Türkei empfing. Die erste Hälfte verlief eher zäh. In der zweiten gab es hingegen eine Premiere, denn zum ersten Mal war das erste Tor einer EM ein Eigentor. Dies hätte zu einem glanzlosem Sieg Italiens führen können. Doch Italien konnte noch zwei Tore erzielen und so wurde es schließlich ein fairer Sieg.

Erstmals wurden nicht alle Spiele im Fernsehen gezeigt. Erstes „Opfer“ war das zweite Gruppenspiel, Schweiz gegen Wales, das in Baku stattfand. Ich hätte es durchaus interessanter gefunden als Dänemark gegen Finnland (dies relativierte sich jedoch, als ich erfuhr, welch Schockmoment sich in diesem Spiel ereignete), so blieb mir nur ein Liveblog. Auch diesmal blieb die erste Hälfte trotz einiger Chancen für die Schweizer torlos. Zu Beginn der zweiten Hälfte ging die Schweiz schließlich in Führung. Diese verloren sie jedoch knapp eine halbe Stunde später. Fast hätte die Schweiz wieder die Führung übernehmen können, das Tor wurde jedoch wegen abseits zurückgenommen. Das Unentschieden konnten die Mannschaften über die Zeit retten. Ein Punkt war zwar für beide nicht ideal und keine gute Voraussetzung fürs direkte Weiterkommen, aber immerhin würden sie nicht leer ausgehen.

Die Finnen bestritten ihr allererstes EM-Spiel in Kopenhagen. Und dieses würden sie so schnell nicht vergessen. Erst mussten mehrere finnische Spieler behandelt werden. In den letzten Minuten der ersten Halbzeit dann der Schock: ein dänischer Spieler brach plötzlich zusammen und musste sogar reanimiert werden. Das Spiel wurde völlig zurecht unterbrochen, die Dänen standen verständlicherweise unter Schock und waren nicht in der Lage, weiterzuspielen. Nachdem es Entwarnung gab, entschieden sich beide Mannschaften, weiterzuspielen – so zumindest die offizielle Version. Die Dänen bereuten es wahrscheinlich, denn sie hatten sich noch nicht erholt und mussten sogleich den nächsten Schock verdauen: Den Führungstreffer der Finnen. Für einen Elfmeter waren die Dänen nicht in richtiger Verfassung. So blieb es beim überraschenden Sieg Finnlands, der bei den Ereignissen jedoch zur Nebensache wurde. Nicht das Ergebnis, das ich mir erhofft hatte.

Denn es stellte für Russland eine schlechte Ausgangslage dar. Dass sie gegen Belgien verlieren würden, war mir von Anfang an klar gewesen. Ich hoffte nur auf eine nicht allzu große Tordifferenz. Bereits in der ersten Halbzeit gab es mehrere Auswechslungen, als ein russischer und belgischer Spieler kollidierten. Nach 35 Minuten lag Belgien bereits mit zwei Treffern in Führung und lange Zeit sah es so aus, als würde es das Endergebnis sein. Zumindest ein Tor wünschte ich Russland, die beste Chance ging jedoch geradezu in die Hände des Torwarts. Das war ein schöner Schuss. Kurz vor Abpfiff erhöhten die Belgier noch, und die Türkei und Russland hatten beide jeweils drei Gegentore zu beklagen. Beide hatten es nun schwer, den dritten Platz zu erreichen.

Das fünfte Spiel war eine Wiederholung des WM-Halbfinals Kroatien gegen England, die Gastgeber waren. Schafft England die Revanche? Den Heimvorteil konnten sie nutzen. Lediglich ein Tor reichte zum Sieg. Es war das erste Mal, dass England ihr erstes Spiel in einer EM gewinnen konnte. Für Kroatien war es genau umgekehrt.

Die Gruppe C interessierte mich herzlich wenig. Die zwei Außenseiter der Gruppe trafen als erstes aufeinander, ein Spiel, dem wohl kaum jemand großes Interesse schenkte. Österreich ging in Führung, doch Nordmazedonien glich zehn Minuten später aus. Lange schien es, als würde es ein unentschieden bleiben, doch Österreich legte noch zwei Tore nach und holte sich so seinen ersten EM-Sieg überhaupt.

Im nächsten Spiel folgten die vermeintlichen Favoriten der Gruppe. Die Niederlande empfing in Amsterdam die Ukraine. Aufgrund meiner langjährigen Antipathie gegenüber der niederländischen Mannschaft feuerte ich die Ukraine an, erst Recht, als uns der Torwart an jemanden erinnerte. Die erste Halbzeit blieb, wie schon oft bei der EM, torlos. Erst in der zweiten Halbzeit nahm das Spiel Fahrt auf. Innerhalb von sechs Minuten schoss sich die Niederlande dann doppelt in Führung und für die Ukraine sah es schlecht aus. Sie gaben jedoch nicht auf und brauchten genau vier Minuten, um aufzuholen, was uns sehr freute. Die Niederländer waren über den Ausgleich sichtlich überrascht, erholten sich jedoch schnell. Das Comeback vereitelte jedoch die Niederlande, als ihnen, sehr zu unserem Ärger, ein drittes Tor gelang. Das bisher torreichste Spiel der EM.

Tschechien gegen Gastgeber Schottland war das zweite Spiel, das nicht im Fernsehen gezeigt wurde. Ein heißer Anwärter zum Tor des Turniers – und später verdienter Sieger – wurde der zweite Treffer Tschechiens, der von knapp vor der Mittellinie erzielt wurde. Ein echtes Traumtor! Es war, wie der Name des Torschützen sagt, schick. Der schottische Torwart war dermaßen geschockt, dass er sich nicht auf seinen Beinen halten konnte und sich beinahe im Netz verfing.

Eine Überraschung war der Sieg der Slowakei gegen Polen auch dank eines unglücklichen Eigentores des Torwarts, was zugleich das erste überhaupt in einer EM war.
Die erste Enttäuschung des Turniers war das Spiel Spanien gegen Schweden. Meiner Schwester und mir, die Spanien 13 Jahre zuvor zu ihrer Lieblingsmannschaft auserkoren hatten, wurde erneut deutlich gemacht, dass von dem Spanien von damals nichts übrig ist, was schmerzhafte Erinnerungen hervorrief. An den Schweden gab es kein Durchkommen und so war es das erste Spiel, das torlos blieb. Das hatte wohl niemand erwartet.

Als letztes ging die Todesgruppe F an den Start. Den Anfang machten Portugal und Ungarn in Budapest. Die vollen Zuschauerränge lösten Angstzustände aus. Alle Tore wurden in den letzten zehn Minuten erzielt. Da ich das dritte Tor nicht gesehen habe, dachte ich, das Spiel sei 2:0 zuende gegangen. So befand sich Ungarn in bester Gesellschaft mit der Türkei und Russland, die alle drei Gegentore kassiert hatten.

Mit Hochspannung wurde das Spiel der letzten beiden Weltmeister erwartet. Meine Schwester und ich drückten jedoch nicht Deutschland, sondern Frankreich, die uns bei der vergangenen EM aufgefallen waren, die Daumen. Seit der WM hatte sich unsere Unterstützung von Spanien auf Frankreich verlagert. Ich ahnte jedoch, dass es kein leichtes Spiel werden würde – und ich sollte Recht behalten. Die Führung erzielte Frankreich ausgerechnet durch ein Eigentor, und das auch noch durch den Spieler, der ihr Ausscheiden im Viertelfinale der WM 2014 verursacht hatte. Da hatte ich sogar wirklich
Mitleid mit Deutschland. Überschattet wurde das Spiel von zwei harten Fouls, die jedoch ohne schwere Folgen blieben. Für Verwirrung sorgte zudem eine kuriose Szene. Die Franzosen schossen noch zwei weitere durchaus sehenswerte Tore – zumindest eigentlich, denn beide wurden wegen abseits aberkannt. Eins davon wurde zunächst gewertet, nach Überprüfung jedoch wieder annulliert, weil der Passgeber im abseits stand. Schade, ein 2:0 wie bei der letzten EM hätte ich besser gefunden. So blieb es beim eher unglücklichen Sieg für den amtierenden Weltmeister und das Spiel unter den Erwartungen.

Dem nächsten Spiel sah ich nervös entgegen, jedoch wurde es nicht im Fernsehen gezeigt. Meine Hoffnung war, dass beide Teams mit null Punkten ins Spiel gingen, doch nach dem unerwarteten Sieg Finnlands gegen Dänemark – der wahrscheinlich nur dem dramatischen Zwischenfall zu verschulden war – wurde diese je zerschlagen. So war es Russland, das unter Zugzwang stand und einen Sieg benötigte. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ging Russland in Führung, und sie wurde gleich darauf fast verdoppelt, doch das Zittern war noch nicht vorbei. Mehrere Torchancen wurden nicht genutzt, aber am Ende reichte es. In Gruppe B war noch alles offen, der letzte Spieltag würde nun entscheiden.

Wales gewann überraschend gegen die Türkei, die noch tor- und sieglos waren. In den letzten Minuten des Spiels kam es sogar zu Handgreiflichkeiten.
Italien sicherte sich als erste Mannschaft das Achtelfinal-Ticket. Erneut wurde in diesem Spiel ein Tor nachträglich aberkannt, diesmal für Handspiel. Es war gefallen, nachdem meine Schwester sich ein Tor gewünscht hatte. Für die Türkei und die Schweiz – dank des ärgerlichen Unentschiedens gegen Wales – entschied es sich im nächsten Spiel.

Einen furiosen Start legte Dänemark gegen Belgien hin. Nach hundert Sekunden erzielten sie bereits den ersten Treffer. Das ging schnell! Für eine Minute hielten sie das Spiel an, um Eriksen, der im Spiel gegen Finnland zusammengebrochen war und nun vom Krankenhaus zuschaute, zu applaudieren. Schöne Geste. In der zweiten Halbzeit nahmen die Belgier jedoch Fahrt auf und drehten das Spiel wie schon im WM-Achtelfinale. Dänemark war zwar immer noch sieg-, aber nicht chancenlos. Sie konnten immer noch die KO-Phase erreichen. Belgien hatte dies nach dem Sieg bereits geschafft. Die Nachbarn folgten drei Stunden später und hatten den Gruppensieg sogar schon sicher.

Der achte Tag war meiner Meinung nach nicht sonderlich interessant. Während das erste Spiel nicht im Fernsehen lief, verfolgte ich das zweite aus Mangel an Interesse nicht. Das letzte Spiel des Tages war das britische Derby zwischen England und Schottland im Regen, aber ein Tor wollte beiden Mannschaften nicht gelingen. Obwohl sich beide somit einen Punkt gesichert hatten, feierten die Schotten, als hätten sie gewonnen.

Der neunte Tag hingegen war ein echter Knaller. Der amtierende Weltmeister, mein Land gegen den Titelverteidiger und unsere einstige Lieblingsmannschaft Spanien. Unsere neue Lieblingsmannschaft Frankreich machte den Anfang – und das Spiel zehrte ordentlich an meinen Nerven. Nicht nur, dass die Franzosen oft knapp am Tor vorbeischossen, kassierten sie auch noch ein Gegentor in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Da hat die Abwehr etwas gepennt. Ich schrie wie am Spieß und war einem Herzkasper nahe. Selten habe ich so sehr auf ein Abseits gehofft. Der Torschützenkönig der letzten EM war es schließlich, der den Ausgleich erzielte und somit einen Punkt rettete. Noch kein Tor habe ich bei dieser EM so sehr gefeiert wie dieses.

Beim zweiten Spiel des Abends konnte ich meinen Augen kaum trauen. Deutschland ging zunächst in Führung – jedoch wurde das Tor wegen abseits wieder aberkannt. Rund zehn Minuten später erzielte Portugal einen Treffer. Dann folgte zunächst der Ausgleich und dann noch ein zweites Tor, doch beides waren Eigentore der Portugiesen. Zwei Eigentore von derselben Mannschaft habe ich noch nie gesehen, und es war ein EM-Novum. Ich hatte wirklich Mitleid mit Portugal, das war bitter. Mit einem Endstand von 2:4 wurde es das bis dahin torreichste Spiel der EM, ohne die Eigentore wäre es jedoch unentschieden ausgegangen.

Das letzte Spiel des Knaller-Tags war Spanien gegen Polen. Die spanische Nummer 7, wie bereits andere Spieler mit dieser Trikotnummer an diesem Tag, schoss ein Tor und brachte Spanien damit in Führung. Erneut gab es bei uns Jubel! In der zweiten Halbzeit konnte Polen jedoch, zu unserem Ärger, ausgleichen. Spanien bekam einen Elfmeter, verschoss diesen jedoch und so blieb es beim unentschieden, das zweite nach dem 0:0. Alles in einem verlief der Tag nicht wie erhofft, das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Besonders das Unentschieden Frankreichs nervte mich im Nachhinein extrem.

Die Schweiz gewann gegen die Türkei und bewahrte sich damit die Chance aufs Achtelfinale. Maßlos überschätzt wurde im Vorfeld die Türkei, die immerhin nicht torlos aus dem Turnier ausschied. Lange gedulden mussten sich die Schweizer nicht – am nächsten Tag hatten sie die Gewissheit, in die K.O.-Phase einzuziehen.

Der nächste Tag begann mit einer Überraschung: Außenseiter Österreich besiegte die Ukraine und zog damit erstmals ins Achtelfinale ein! Damit hatte ich nicht gerechnet. Die Ukraine stand somit vor dem Aus.
Dass Dänemark gegen Russland gewinnen würde, war mir klar. Allerdings hätte ich mir eine knappere Niederlage gewünscht. Ich dachte auch, dass der direkte Vergleich zählt und sie so vor Finnland abschneiden würden – falsch gedacht! Es zählte doch die Tordifferenz. Der letzte Platz tat weh, aber immerhin hatte Finnland mit drei Punkten kaum Chancen aufs Achtelfinale. Das war jedoch ein schwacher Trost. Wenigstens hatte jede Mannschaft mindestens drei Punkte und somit ging niemand punktlos nach Hause. Das Führungstor der Belgier hatten wir zu früh gefeiert, da es aberkannt wurde. Aber am Ende gewannen sie doch noch – auch dank eines Eigentors des finnischen Torwarts. Immerhin stand so fest, dass alle Gruppendritten mit vier Punkten, inklusive der Schweiz, sicher im Achtelfinale sein würden. Gleichzeitig hatten sich alle Mannschaften mit bis dahin vier Punkten qualifiziert.

Zwei davon spielten am nächsten Tag. Für England und Tschechien ging es nur noch um den Gruppensieg. Kroatien siegte parallel gegen Schottland und drängte Tschechien auf den dritten Platz. Im Achtelfinale waren sie aber alle.
Der letzte Spieltag der Gruppenphase war wahrlich spektakulär. Spanien und Slowakei war ein recht einseitiges Spiel, die Situation beim ersten Tor war jedoch unübersichtlich. Es war wohl das kurioseste Eigentor eines Torwarts. Was hat er sich dabei gedacht? Danach schoss sich Spanien in einen Rausch und erzielte den höchsten Sieg in ihrer EM-Geschichte, darunter ein wunderschönes Hackentor und ein weiteres Eigentor. Die Slowakei war aufgrund der Tordifferenz sicher ausgeschieden und teilte sich einen zweifelhaften Rekord mit Portugal.

Das Rematch des EM-Finales hätte ich gerne geschaut, aber natürlich wurde das deutsche Spiel gezeigt. Ungarn ging früh in Führung und meine Schwester schrie wie ich, als jene Mannschaft gegen Frankreich getroffen hatte. Dann schoss Portugal ein Tor. Ich dachte eigentlich, kein Problem damit zu haben, aber so bestand die Gefahr, dass Frankreich auf Platz 3 rutschte, was ich besonders nach den Ergebnissen der Gruppe E natürlich nicht wollte. In der Nachspielzeit konnten sie ausgleichen und zu Beginn der zweiten Halbzeit verdoppeln. Die Ausgangslage in der Gruppe änderte sich gefühlt jede Minute. So auch, als Deutschland zum Ausgleich traf. Die Freude währte jedoch nicht lange, da Ungarn nur zwei Minuten später wieder in Führung ging. Kurz darauf glich Portugal aus, womit ich nicht unzufrieden war. Ich hatte ohnehin auf ein Unentschieden in dem Spiel gehofft. Allerdings in der Hoffnung, dass Frankreich Gruppenzweiter wurde. Ohne einen deutschen Sieg blieb es jedoch Wunschdenken. Ein Sieg Ungarns bei einer Niederlage Frankreichs war zu riskant aufgrund des direkten Vergleichs. Also war es die sicherere Variante, auch wenn ich Deutschland gerne als Gruppendritten gesehen hätte. Für den Fall wäre ein Unentschieden gegen Ungarn und ein Sieg Portugals nötig gewesen, aber der direkte Vergleich mit Frankreich war mir zu unsicher. Als ihnen der Ausgleich gelang, schrien meine Mutter und Schwester lautstark, nur ich blieb ruhig. Eigentlich wäre mir ein Sieg sogar lieber gewesen, da wir dann Gruppensieger geworden wären anstatt Frankreich, die stattdessen Zweiter wären und somit den leichteren Weg gehabt hätten. Glücklich war ich mit dem Ausgang daher nicht. Erst Recht, als ich realisierte, wie das Viertelfinale aussehen könnte.

Die K.O.-Runde eröffneten Dänemark und Wales. Es war eine einseitige Partie mit eindeutigem Ausgang. Spannender war da überraschenderweise das Spiel Italien gegen Österreich, ein typischer David gegen Goliath-Kampf. Letztere konnten erstaunlich gut dagegenhalten. Fast schafften sie sogar die Sensation, als sie in Führung gingen. Aber nur fast, denn das Tor wurde wieder aberkannt. Mein ungläubiges Staunen kam zu früh. In der regulären Zeit fiel kein weiteres Tor und so ging es bereits im zweiten Achtelfinale in die Verlängerung. Dort erkämpfte sich Italien einen zwei-Tore-Vorsprung, den Österreich jedoch verkürzen konnte. Der Anschlusstreffer kam jedoch zu spät und so hieß der Sieger wenig überraschend Italien. Aber Österreich konnte gut mithalten und wäre es kein Abseits gewesen, wäre ihnen die Sensation gelungen.

Der Sieger bei Niederlande gegen Tschechien schien klar. Denkste! Erst gerieten die Niederländer in Unterzahl, als ein Spieler rot sah, dann in Rückstand. Das zweite Tor wenig später besiegelte das Aus des Favoriten. Gruppendritter schlug Gruppensieger! Kein Einzelfall...
Portugal gegen Belgien war nicht das Topspiel, das alle erwartet hatten. Belgien wurde seiner Rolle als Geheimfavorit nicht gerecht und gewann nur knapp. Der Titelverteidiger war ausgeschieden, mit Italien wartete auf Belgien jedoch ein harter Gegner.

Das Trauma von 2014 – als sich die EM zum Albtraum entwickelte

Der nächste Tag war eine Achterbahnfahrt. Erst geriet Spanien durch ein sehr skurriles Eigentor in Rückstand, dann drehten sie das Spiel mit zwei Toren Vorsprung, bevor Kroatien innerhalb von wenigen Minuten ausgleichen konnte. Meine Schwester und ich waren sichtlich geschockt. Zuvor hatten wir im Glauben, dass Spanien es geschafft hatte, weggeschaltet. Wider Erwarten ging es somit in die Verlängerung, in der Spanien jedoch schnell zwei Tore schoss und so zum ersten Mal seit ihrem letztem Turniersieg ins Viertelfinale einzog. Acht Tore in einem Spiel hatte ich bei einer EM auch noch nie gesehen. Es sah aus wie der Spielstand nach einem Elfmeterschießen.

Apropos Elfmeterschießen... Was so gut angefangen hatte, endete in einem Albtraum. Eigentlich verlief es exakt wie im ersten Spiel: Rückstand, dann drei Tore erzielt, dann kurz vor Schluss der Ausgleich. So ging auch Frankreich gegen Schweiz in die Verlängerung und ich mochte gar nicht hinsehen. Die Nachspielzeit allerdings ging nicht so aus wie im vorherigen Spiel und so gab es das erste Elfmeterschießen – ausgerechnet in dem Spiel, in dem ich es am liebsten vermieden hätte. Mir schwante Böses, zumal ein wichtiger Elfmeterschütze bereits ausgewechselt worden war. Das war vor dem Ausgleich geschehen, was vielleicht ein entscheidender Fehler war. Der letzte Elfmeter brachte die Entscheidung, und die gefiel mir gar nicht. Ich konnte es nicht glauben. Spätestens im Halbfinale hätten sie wahrscheinlich ohnehin verloren, aber im Achtelfinale auszuscheiden hatten sie nicht verdient. Das letzte Mal, dass ich dermaßen unglücklich war, war als Spanien bei der WM 2014 in der Vorrunde ausgeschieden war. Sie hätten einfach die letzte EM gewinnen sollen! Das einzig Gute war, dass nun nicht Spanien und Frankreich gegeneinander spielen würden und ich mich somit nicht zerreißen müsste. Allerdings war das nur ein schwacher Trost. Wären sie doch bloß Gruppenzweiter geworden (oder Wales Gruppendritter)...

Am nächsten Tag wurde ich jedoch entschädigt. Was ich am allerwenigsten wollte, war, dass Deutschland weiter als Frankreich kam. Allerdings glaubte ich nicht daran, da immer das Gegenteil von dem geschah, was ich mir wünschte. Das Spiel zog sich in die Länge und fühlte sich an wie zwei Stunden, obwohl es in regulärer Zeit endete. Die Engländer schossen zwei Tore und besiegelten das Ausscheiden Deutschlands, was von mir bejubelt wurde. Ausnahmsweise war doch das passiert, was ich wollte. Es war gewissermaßen eine Erleichterung, denn sofort fühlte ich mich besser. Es war, als würde ich von einer Last befreit. So gab es doch noch einen kleinen Trost und zumindest etwas Gerechtigkeit.

Die EM der Außenseiter setzte sich auch im letzten Achtelfinale fort. Ukraine ging in Führung, die Schweden jedoch ausgleichen konnte. In der zweiten Halbzeit fiel kein Tor mehr und so stand wieder Verlängerung an. Und die zeichnete sich besonders durch viele Fouls aus, nachdem die Partie fair gestartet hatte. Gefühlt sekündlich ging ein Spieler zu Boden. Einer wurde dabei so schwer verletzt, dass er nicht weitermachen konnte, und sorgte für einen Platzverweis bei den Schweden. Es erinnerte an das WM-Finale 2010. Als alles für ein Elfmeterschießen sprach, gab es für die Ukraine die Erlösung, die somit erstmals in das Viertelfinale einer EM einzogen. Das bedeutete, dass zum dritten Mal ein Gruppendritter gegen einen Gruppensieger gewann. Neben Frankreich verblieben noch vier ungeschlagene Mannschaften von anfangs sieben. Diese sind auch gleichzeitig die Favoriten gegen die Außenseiter.

Das erste Viertelfinale war nicht, wie ich gefürchtet hatte, Frankreich gegen Spanien. Ich wusste nicht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte. Einerseits war ich natürlich erleichtert, dass ich mich nun nicht festlegen musste, aber andererseits saß die Trauer wegen Frankreich noch immer tief und ich würde sie sehr vermissen. Wenigstens hatten sie jedoch keines ihrer Spiele verloren, da ein Elfmeterschießen als unentschieden zählt. Die Schweiz hatte aber auch länger Pause als Frankreich gehabt, was ihnen einen unfairen Vorteil gegeben hatte. Zum dritten Mal in Folge gab es ein Eigentor in einem Spanien-Spiel, diesmal zu ihren Gunsten. Eine Stunde später laut Spielminuten glich die Schweiz aus. Nach einer kontroversen roten Karte gerieten sie in Unterzahl. Die Verlängerung brachte kein Ergebnis und so ging es ins gefürchtete Elfmeterschießen – erneut in einem Spiel, in dem wir es nicht wollten. Der erste Schütze, ausgerechnet der letzte verbliebene Weltmeister, traf direkt den Pfosten. Aber es war noch nichts verloren. Meine Schwester war skeptisch dem spanischen Torwart gegenüber. Er überzeugte jedoch und hielt gleich zwei Elfmeter. Der nächste flog übers Tor, und so konnte der letzte Elfmeter die vorzeitige Entscheidung bringen. Er saß und so stand Spanien nach neun Jahren erstmals wieder in einem Halbfinale. Immerhin hatte mich der Anblick eines schweizerischen Auswechselspielers sehr erfreut, was mich für Frankreichs Ausscheiden entschädigte. Was hätte ich gemacht, wenn das der Gegner gewesen wäre?

Die gesamte Action im Spiel Italien gegen Belgien spielte sich in der ersten Halbzeit ab. Nach einem aberkannten Abseitstor brachte sich Italien mit zwei Toren in Führung, Belgien kam nach einem umstrittenen Elfmeter jedoch wieder heran. Wie sie zwei gute Chancen zum Ausgleich jedoch vergeben konnten, verstand ich nicht. Nach nur vier Minuten musste ein belgischer Spieler wieder vom Platz. Damit hatte er den Ukrainer noch übertroffen, der nach zehn Minuten verletzt ausgewechselt werden musste. Auch die Italiener hatten einen Verlust zu beklagen. Am Spielstand änderte sich nichts mehr und so würden sich Italien und Spanien zum vierten Mal in Folge bei einer EM treffen.

Frühe Tore – so ließ sich der zweite Viertelfinaltag beschreiben. Die Dänen gingen durch eine Ecke, die eigentlich nicht hätte gegeben werden dürfen, früh in Führung. In der ersten Halbzeit bauten sie diese noch aus. Tschechien meldete sich in der zweiten Halbzeit zurück, doch das reichte nicht mehr. Dänemark erreichte das Halbfinale. Ohne den irregulären Eckstoß hätte es jedoch anders ausgehen können.

Favorit gegen Außenseiter hieß es derweil bei England gegen die Ukraine. Erstere setzten direkt ein Ausrufezeichen mit einem frühen Tor. In der zweiten Halbzeit nahmen sie jedoch richtig an Fahrt auf und schossen drei weitere Tore. England blieb weiterhin ohne Gegentor. Die Ukrainer konnten dennoch auf sich stolz sein, schließlich waren sie weiter gekommen als so manch andere Nation. Nun war ich mir nicht mehr sicher, ob Gruppenzweiter für Frankreich die bessere Alternative gewesen wäre. Vielleicht hätte Wales anstatt der Schweiz Gruppendritter werden sollen. Oder Frankreich hätte in weiß spielen sollen. Denn alle Teams, die in weiß gespielt hatten, waren ins Halbfinale eingezogen. Auch im Achtelfinale hatten alle weißen Trikots gewonnen. Glücksfarbe?

Das Rematch des EM-Finales 2012 stand an. Setzte sich die Glückssträhne fort, gewann Spanien in weiß. Zunächst feierte ich jedoch die Rückkehr des kleinen Autos, das den Ball auf den Platz fuhr. Das ist einfach witzig! Die erste Halbzeit endete torlos, und so würde es bleiben, glaubte ich. Doch dann ging Italien in Führung. War es das nun? Nein, denn Spanien glich zwanzig Minuten später aus. Leider blieb die Verlängerung jedoch ohne Ergebnis und so ging es zum dritten Mal ins Elfmeterschießen, wie ich es geahnt hatte – erneut in einem Spiel, wo man es nicht wollte. Die ersten Elfmeter gingen daneben, also war noch alles offen. Ausgerechnet der Schütze zum Ausgleich und neuer Topscorer der Spanier bei EMs brachte die Entscheidung. Aber enttäuscht war ich nicht, Halbfinale war ein sehr gutes Ergebnis, das man nach den ersten beiden Spielen nicht erwartet hatte. Zudem waren sie, wie Frankreich, ungeschlagen.

Das zweite Halbfinale war da schon skandalöser. In der ersten Halbzeit ging zunächst Dänemark mit dem ersten (und letzten) verwandelten direkten Freistoß in Führung, wodurch England das erste Gegentor kassierte. Ausgerechnet ein Eigentor des dänischen EM-Helden brachte den Ausgleich. In der zweiten Halbzeit gelang kein weiteres Tor, und so ging es wieder in die Verlängerung. Und die war äußerst umstritten: England bekam einen zweifelhaften Elfmeter. Dänemarks Torwart wurde mit einem Laserpointer angestrahlt, was mich an einen ähnlichen Vorfall bei der WM 2014 erinnerte, so auch bei besagtem Elfmeter. Den Strafstoß hielt er trotzdem – anders als den Nachschuss. So blieb ein bitterer Nachgeschmack beim Einzug ins Finale, das ich zufälligerweise richtig vorausgesagt hatte: Italien gegen England.

Italien könnte seinen zweiten, England gar seinen ersten EM-Titel gewinnen. Letztere schrieben direkt Geschichte mit dem schnellsten Tor in einem EM-Finale. Das kam wirklich aus dem Nichts! Gelang nun die Sensation? Über eine Stunde lang standen die Zeichen auf Wunder, ehe Italien mit einem nicht ganz fairen Tor ausglich. Die Verlängerung brachte kein Ergebnis. So gingen beide Mannschaften wie Frankreich und Spanien zumindest ungeschlagen aus dem Turnier, aber für England war es wohl der allergrößte Albtraum: Elfmeterschießen. Als der erste Elfmeter der Italiener daneben ging, lebte zumindest wieder die Hoffnung. Dann scheiterten jedoch nacheinander zwei Engländer. Italien hätte die Vorentscheidung bringen können, aber auch dieser Elfmeter wurde verschossen. So ging der entscheidende Elfer an England, doch der Druck war zu groß. Nach der WM 2006 gewann Italien erneut dank Elfmeterschießen. Eigentlich langweilig, dass sie gewonnen haben. Eine Überraschung wäre spannender gewesen! Es wäre das perfekte Ende gewesen für die EM der Außenseiter.
 
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