EM 2016

Nach all dem Leid gab es einen neuen Grund für Frankreich, zusammenzuhalten: die Fußball-Europameisterschaft, die sie austragen würden. Und diese läutete eine neue Ära ein...

Der Beginn einer neuen Ära

Erstmals nahmen 24 Länder an einer EM teil. Im Vorfeld hatte sich Schadenfreude über die Nachricht, dass die Niederlande nicht an der EM teilnehmen würde, aufgetan. Karma trifft immer die richtigen! 

Frankreich eröffnete das Turnier erfolgreich mit einem, wenn auch knappen, Sieg. Am nächsten Tag spielte Russland gegen England. Letztere gingen erwartungsgemäß in Führung, doch Russland gelang in letzter Minute der Ausgleich. Die Besonderheit in der russischen Mannschaft war, dass ein Deutschstämmiger für sie spielte.

Es verging kein Tag, an dem nicht mindestens eine Mannschaft spielte, die uns interessierte. Deutschland traf auf die Ukraine und gewann ungefährdet. Am nächsten Tag folgte Spanien,  die immerhin noch diesen Titel zu verteidigen versuchten. Acht Jahre lang hatten wir sie ununterbrochen unterstützt, doch die meisten Spieler von damals waren inzwischen zurückgetreten, und für uns begann somit eine neue Ära. Die spannendste Frage war: Wer würde die legendäre Nummer 7 beerben? Es war wahrlich nicht leicht, in seine Fußstapfen zu treten, hatte er das Trikot mit besagter Nummer doch zu seinem Eigen gemacht. Meine Schwester musste sich damit abfinden, dass sie einen anderen Torwart einsetzten, dem sie jedoch nicht vertraute. Wann immer der ehemalige Kapitän gezeigt wurde, wünschte sie sich die alten Zeiten herbei. Das Spiel drohte in einem Unentschieden zu enden, ehe kurz vor Schluss der erlösende Treffer zugunsten Spaniens kam. 

In Frankreichs zweitem Spiel bemerkte meine Schwester, wie multikulturell die Mannschaft war. Obwohl ich das Spiel nicht verfolgte, wurde ich so auch auf Frankreich aufmerksam. Auch die albanische Mannschaft fiel ihr, dank der lustigen Nachnamen, auf, allen voran Lila. Zuvor hatte Russland gegen die Slowakei gespielt und – für mich überraschend – verloren. 

Zum zweiten Mal in Folge kam es bei einer EM zu einem Aufeinandertreffen von Deutschland und Polen. Das Ergebnis war jedoch ein anderes als noch vor vier Jahren: ein torloses Unentschieden. 
Im zweiten Spiel trat Spanien gegen die Türkei an und dieses hielt eine Überraschung für mich bereit. Anders als erwartet war ich positiv überrascht über die neue Nummer 7, der in der Partie gleich zwei Mal traf. Er war ein würdiger Nachfolger der legendären Nummer 7, auch wenn er ihn natürlich niemals ersetzen könnte. Am Ende würde er bester Torschütze der Spanier im Turnier sein, wie sein Vorgänger acht Jahre zuvor. Nach zwei Siegen hatte Spanien sich für die erste Achtelfinal-Runde der EM-Geschichte qualifiziert. 

Skurrile Szenen spielten sich im Spiel Frankreich gegen die Schweiz ab. Die Trikots der Schweizer Spieler mussten gleich mehrfach ausgetauscht werden, nachdem diese gerissen waren. Scheinbar waren die Spieler davon so abgelenkt, dass keiner Mannschaft ein Tor gelingen wollte.

Russland verlor gegen Wales und war somit definitiv ausgeschieden. Als Gruppendritter hätten sie noch die Möglichkeit gehabt, sich zu qualifizieren, aber mit einem einzigen Punkt reichte es nur für den letzten Platz. Das Spiel ist besonders dadurch in Erinnerung geblieben, dass die Russen sich nicht entscheiden konnten, wer die Kapitänsbinde bekommen sollte.

Gegen Nordirland gewann Deutschland nur knapp, doch es war genug, um trotz Punktgleichheit mit Polen den Gruppensieg aufgrund von Tordifferenz zu erlangen. Spanien gelang nach kurzer Zeit ein Tor, doch früh in Führung zu gehen, ist nicht immer von Vorteil. Kroatien konnte zuerst ausgleichen und dann den Siegtreffer erzielen. Zuvor war es zu Ausschreitungen und Spielunterbrechungen gekommen, nachdem Zuschauer Feuerwerkskörper auf den Rasen geworfen hatten. Spanien beendete die Gruppe letztlich als Zweitplatzierter.

Island machte auf sich aufmerksam und wurde zum Zuschauerliebling. Portugal qualifizierte sich nur dank neuer Regelung als einer von vier Gruppendritten für das Achtelfinale. Vor der KO-Phase war ich mit meiner Familie verreist. Dadurch verpassten wir die letzten Spiele der Gruppenphase, doch die interessierten uns nicht mehr.

Vielleicht war es besser so, dass Russland ausgeschieden war. Denn wären sie Gruppendritter gewesen, hätten sie gegen Deutschland gespielt und das wollte ich am wenigsten. So lautete unser Gegner stattdessen die Slowakei, die wir besiegen konnten. Am Ende befanden sich meine Schwester und ich jedoch erneut in einer Zwickmühle: Unser Viertelfinal-Gegner war entweder Italien oder Spanien. Italien war der Angstgegner der Deutschen, doch ich wollte noch weniger, dass wir gegen Spanien spielten. Andererseits wollte ich aber auch nicht, dass Spanien verliert.

Darüber musste ich mir nach dem Achtelfinal-Spiel keine Gedanken mehr machen. Spanien verlor, worüber ich einerseits traurig war, andererseits war ich aber auch froh, dass sie nicht gegen Deutschland spielen mussten. Immerhin hatten sie dieses Mal die KO-Phase erreicht, auch wenn sie auch diesen Titel am Ende des Turniers abgeben mussten.

Island schaffte die Sensation und besiegte England. Die Reaktion des Kommentators ging viral. Seit diesem Spiel waren sie Geheimfavoriten, aber die Herzen der Zuschauer hatten sie schon längst erobert. Zu Beginn der Viertelfinals waren wir wieder Zuhause.

Das Spiel gegen Italien verfolgte ich nicht. Unsere Mannschaft war mir nach wie vor nicht sympathisch, und insgeheim hoffte ich, dass Italien uns aufs Neue besiegen würde. Der Autokorso auf den Straßen bewies jedoch das Gegenteil. Im Halbfinale würden wir auf Frankreich treffen. 

Auch dieses Spiel schaute ich nicht. Die Reaktionen meiner Familie sprachen jedoch Bände. Unsere Niederlage nahm ich gelassen. Die meisten Deutschen favorisierten Portugal im Finale. Ich drückte jedoch Frankreich die Daumen – auch, weil ich Portugal den Sieg nicht gönnte. 

Doch wie so oft gewann die Mannschaft, auf deren Seite ich nicht war. Meine Schwester und ich konnten es nicht glauben, als Portugal in Führung ging und am Ende siegte. Sie hatten den Sieg nicht verdient, ohne die neue Regel hätten sie nicht einmal die KO-Phase erreicht. Für mich sind sie nach Griechenland einer der beliebigsten Sieger aller Zeiten. Aber, was man auf jeden Fall sagen kann: Der Titel blieb auf der iberischen Halbinsel!
 
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